
Produkthaftung wird EU-weit erneuert

Produzenten innerhalb der Europäischen Union (EU) unterliegen seit 1985 der Gefährdungshaftung. Das bedeutet: Unternehmen haften verschuldungsunabhängig für Personen- und Sachschäden, die aus der Benutzung von Produkten resultieren, die sie in Verkehr gebracht haben.
Neue Haftungsregelungen gelten auch für Software und Künstliche Intelligenz
Wesentlicher Ansatzpunkt für den Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission sind neue, an die digitale Welt angepasste Haftungsvorschriften. Diese sollen unter anderem die Möglichkeiten von Verbrauchern stärken, auch bei wissenschaftlich oder technisch komplexen Fragestellungen im Rahmen von Produkthaftungsprozessen ihre Interessen besser durchsetzen zu können.
Zukunftstechnologien wie Software und Künstliche Intelligenz sollen den neuen Haftungsregelungen unterliegen. „Diese dürften sich sowohl auf integrierte als auch auf Stand-alone-Software beziehen, wobei es keine Rolle spielen wird, ob die Produkte körperlich vorliegen oder nicht“, sagt Linda Kuhn, Haftpflicht-Expertin bei HDI Global.
Schadenbegriff und Geltungsbereich werden voraussichtlich erweitert
Parallel dazu sind Anpassungen beim Schadenbegriff zu erwarten. Linda Kuhn: „Es ist davon auszugehen, dass künftig auch der Verlust und die Verfälschung von Daten durch die rechtliche Schadendefinition erfasst werden.“ Außerdem dürfte die bisher geltende Bagatellgrenze von 500 Euro für die Geltendmachung von Schäden entfallen.
Hervorzuheben ist auch, dass sich der Geltungskreis voraussichtlich vergrößern wird. Die Konsequenz: Kann ein Hersteller dann für einen Schaden nicht in Anspruch genommen werden, soll dies bei einer Reihe von anderen Wirtschaftsakteuren, wie zum Beispiel Online-Plattformen und Software- oder Fulfilment-Dienstleistern, möglich sein.
Haftungsrisiken dürften sich für Produkthersteller erhöhen
Die Einführung einer Versicherungspflicht steht bisher nicht auf der Agenda des Gesetzgebers. Die Vorschläge zur Einführung von neuen haftungsrechtlichen Vermutungen zugunsten von Geschädigten dürften allerdings die Haftungsrisiken für Produkthersteller erhöhen, insbesondere im Bereich komplexer technologischer Fragestellungen. „Über die aktuellen Entwicklungen werden wir weiterhin informieren“, sagt die HDI Haftpflicht-Expertin.